Behandlungsmöglichkeiten für tribokorrosiv beanspruchte Bauteile

Dichtungslose Wälzlager, die unter Medienschmierung verwendet werden können, besitzen ein hohes Potenzial für den Einsatz in energieeffizienten und ressourcenschonenden Anwendungen. Standard-Wälzlagermaterialien sind bei diesen kombinierten Beanspruchungen aus Korrosion und Verschleiß jedoch nur sehr begrenzt einsetzbar. Abhilfe kann eine Randzonenbehandlung mittels Niedertemperatur-Plasmanitrieren bieten. Ziel des Projekts POSEIDON-II, an dem das Fraunhofer IST gemeinsam mit Projektpartnern arbeitete, war es, die im Vorgängerprojekt POSEIDON-I begonnene Werkstoffentwicklung zu optimieren und Wälzlagerstähle für eine Beanspruchung hinsichtlich mechanischer, tribologischer und chemisch-korrosiver Randbedingungen bereitzustellen.

Das 7. und 9. Ziel für nachhaltige Entwicklung der UN
Aufbau einer industrienahen Chargierung
© Fraunhofer IST
In industrienahen Aufbauten wurde die Behandelbarkeit von Lagerringen in Batchprozessen untersucht. Die Chargierung einzelner Lagerringe fand in entsprechenden Fraktionen statt.
Glimmsaum um Außenringturm
© Fraunhofer IST
Behandlung eines Außenringturms mittels Niedertemperatur-Plasmanitrierens.
Lagerring
© Fraunhofer IST
Behandlungen fanden sowohl an Außen- als auch Innenringen statt.

Herausforderungen

In tribokorrosiven Umgebungen spielt sowohl Korrosion als auch Verschleiß bzw. die Kombination aus beiden Beanspruchungen eine große Rolle. Standardwerkstoffe weisen hier entweder eine gute Korrosionsbeständigkeit oder eine gute Verschleißbeständigkeit auf. Damit Materialien in diesem komplexen tribologischen System mit Korrosionsangriff beständig sind, müssen jedoch beide Anforderungen – sowohl eine hohe Korrosions- als auch Verschleißbeständigkeit – erfüllt sein. Neben der entsprechenden Entwicklung von Behandlungslösungen im Labormaßstab ist zudem auch die Überführung in eine industrielle Batch-Behandlung der Wälzlager essenziell, um die Wirtschaftlichkeit der Produktion zu gewährleisten.

Lösungsansatz

Eine Möglichkeit, wie nichtrostende Stähle diesen Beanspruchungen standhalten können, ist die Randschichtbehandlung mittels Niedertemperatur-Plasmanitrieren. Bei diesem Verfahren wird Stickstoff im Zwischengitter des Materials gelöst und dadurch eine Härtesteigerung erreicht. Der Vorteil dieses Verfahrens gegenüber einem herkömmlichen Nitrierverfahren ist, dass durch die geringe Behandlungstemperatur die Ausscheidung von Chromnitriden unterbunden und so die Korrosionsbeständigkeit des Ausgangsmaterials erhalten oder sogar verbessert wird. Untersuchungen des Projektpartners Ruhr-Universität Bochum zeigten für die am Fraunhofer IST erzeugten Randzonen eine Verbesserung der Tribokorrosionsbeständigkeit von bis zu 70%.

Prozessübertragung in den industriellen Maßstab

Um die Vorteile einer derartigen Behandlung in die Anwendung bringen zu können, ist unter ökonomischen Gesichtspunkten die Behandlung großer Stückzahlen nötig. Mit dem Ziel, die Ergebnisse auch im industriellen Maßstab nutzbar zu machen, fanden daher Untersuchungen zum Übertrag der Prozessführung in industrielle Größenordnungen statt. Hierbei konnten Erkenntnisse für eine Homogenisierung des Prozesses hinsichtlich Plasmabedingungen, Temperatur- und Gasverteilung gewonnen sowie Empfehlungen zur Chargierung abgeleitet werden.

Das Projekt

Die dargestellten Arbeiten wurden im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Verbundprojekts „POSEIDON-II“ im Rahmen des 6. Energieforschungsprogramms durchgeführt. Das Fraunhofer IST bearbeitet das Teilvorhaben »Randschichtmodifikation des Grundmateriales, Duplexbehandlungen« (FKZ 03ET1477D).

Ausblick

Durch dieses Projekt konnte ein Beitrag zur industriellen Nutzung von Randschichtbehandlungsprozessen geleistet werden. Die Erkenntnisse liefern die Grundlage für weitere Optimierungen und zeigen darüber hinaus das Potenzial für die Verwendung in anderen Industriebereichen. Das Themenfeld Tribokorrosion bietet darüber hinaus mit seinen komplexen Zusammenhängen noch ein großes Spektrum weiterer Forschungsmöglichkeiten, die zu einem besseren Verständnis dieses Systems beitragen können.

Weitere Informationen zum Projekt

 

Referenzprojekt

POSEIDON II