Atmosphärendruck-Plasmaquellen für die additive Fertigung

Punktförmige Atmosphärendruck-Plasmaquelle in FDM-3D-Drucker integriert.
© Fraunhofer IST
Punktförmige Atmosphärendruck-Plasmaquelle in FDM-3D-Drucker integriert.

Die Adhäsion spielt bei der additiven Fertigung wie dem Fused Deposition Modeling (FDM), einem Fertigungsverfahren, bei dem ein Werkstück schichtweise aus einem schmelzfähigen Kunststoff aufgebaut wird, eine zentrale Rolle. Sie beeinflusst die Stabilität der gedruckten Bauteile, die Druckqualität und die Haftkräfte zwischen verschiedenen Oberflächen. Durch Integration von Atmosphärendruck-Plasmatechnik in die additive Fertigung ist es möglich, die Grenzflächenchemie und damit die Adhäsion auf den behandelten Oberflächen zu beeinflussen. Hierdurch lassen sich zum einen nachfolgende Prozesse wie Lackieren oder Kleben optimieren und zum anderen können verschiedene Materialien, z. B. Komposite und Metalle, besser miteinander kombiniert werden. Darüber hinaus werden auch neue Einsatzgebiete eröffnet, die eine bestimmte Oberflächenchemie erfordern, beispielsweise im Bereich medizinischer Implantate. Die Anwendungen reichen von der Automobilindustrie über die Luft- und Raumfahrtbranche bis hin zur Medizintechnik.

Das 8., 9. und 12. Ziel für nachhaltige Entwicklung der UN

Integration von Plasmaquellen in den 3D-Druck

Um Atmosphärendruck-Plasmaquellen im extrusionsbasierten 3D-Druck nutzen zu können, müssen die Quellen eine hohe lokale Auflösung haben sowie relativ klein und leicht sein, um eine direkte Integration in den Extruder zu ermöglichen. Zudem muss die Steuerung entsprechend angepasst werden, damit ein gleichzeitig optimaler und sicherer Betrieb von Extruder und Plasma möglich ist. Dazu sind schnelle Schaltzeiten sowie gute elektrische Abschirmungen notwendig, um Störungen der Elektronik des Druckers zu verhindern und eine langzeitstabile und zuverlässige Funktion zu erreichen.
 

Miniaturisierung und Integration einer Plasmaquelle

Am Fraunhofer IST werden zwei Ansätze für den Einsatz von Atmosphärendruck-Plasmaquellen in der additiven Fertigung verfolgt, um kundenspezifisch angepasste verfahrenstechnische Lösungen zu entwickeln. Der erste Ansatz sind miniaturisierte, konventionelle Plasmadüsen. Eine derartige punktförmige Plasmaquelle erlaubt das strukturierte sequentielle Behandeln der gedruckten Polymerlagen in hoher Auflösung. Im zweiten Ansatz werden ringförmige Plasmaquellen untersucht, welche um die Extrusionsdüse montiert werden und dadurch eine direkte Behandlung der Oberflächen parallel zum Druckvorgang erlauben.

Veränderung Benetzungsverhalten einer PE-Oberfläche nach Behandlung mit Plasmadüse
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Veränderung des Benetzungsverhaltens einer PE-Oberfläche durch die Behandlung mit der Plasmadüse.
Ringförmige Plasmaquelle
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Ringförmige Plasmaquelle.
Plasmadüse im Größenvergleich
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Plasmadüse aus Al2O3-Keramik mit Größenvergleich.

Optimale Haftung durch integrierte Plasmaquellen

Durch die entwickelten patentierten Prototypen ist es möglich, extrusionsbasierte 3D-Druckverfahren durch eine parallele oder sequentielle Plasmabehandlung zu erweitern. Mit Hilfe der Plasmabehandlung können verschiedene Funktionen an der Grenzfläche erzielt werden. Die Möglichkeiten reichen vom Ätzen und Reinigen über chemische Modifikationen und funktionelle Beschichtungen bis hin zum Vernetzen von Oberflächen oder Polymeren. Dadurch können die Anwendungsbereiche additiver Fertigungsverfahren u. a. auch für nachhaltige Materialien erheblich erweitert werden, sodass bestehende Produkte verbessert und neue Produkte entwickelt werden können.
 

Ausblick

Zukünftige Arbeiten beschäftigen sich mit der Untersuchung von verschiedenen Einsatzszenarien der Plasmaquellen im 3D-Druck. Hierbei stehen verbesserte mechanische Eigenschaften von filamentbasiertem 3D-Druck und Multimaterialverbünde im Fokus. Auch der Einsatz als Werkzeug für »smart repair«-Anwendungen soll erforscht werden. Die Plasmaquellen lassen sich zudem in vielen anderen Formen der robotergeführten Behandlung von Materialoberflächen einsetzen.
 

Das Projekt

Die Entwicklung und Untersuchung der Plasmaquellen wurde finanziell durch die Fraunhofer-Gesellschaft im InnoPush-Projekt »Marktflexibilität und Resilienzsteigerung durch Anlagenplattformen robotergeführter Drucktechnologien« (MaraPrint) mit dem Förderkennzeichen L1FHG42421. unterstützt.

Dieser Beitrag ist Teil des Jahresberichts 2021.

 

Jahresbericht 2021