PreCare – Gesundheit für jeden und überall

Der erste Prototyp der Versorgungseinheit, die auf einen Volkswagen Amarok montiert wurde.
© Fraunhofer IST, Frank Neumann
Der erste Prototyp der Versorgungseinheit, die auf einen Volkswagen Amarok montiert wurde.

In den ländlichen Regionen Afrikas stellt oftmals die schlechte Erreichbarkeit ein großes Hindernis für eine flächendeckende medizinische Versorgung der Menschen dar. Im Projekt »PreCare – Health Care for Everyone and Everywhere« entwickelt ein internationales Team zweier Fraunhofer-Institute und der Universität-Stellenbosch kostengünstige modulare Lösungen für Pickups, mit denen vorklinische Untersuchungen, Tests und Impfungen auch in unzugänglicheren Gebieten möglich werden.

PreCare Versorgungsplattform
© Fraunhofer IST, Lothar Schäfer
Der Fahrer und Operator des PreCare Systems erläutert den Anwesenden den Aufbau der mobilen Versorgungsplattform.

Perspektiven zu schaffen für Afrika in Afrika ist aus humanitären und wirtschaftsstrategischen Gründen eine Aufgabe von globalem Interesse. Die Herausforderungen sind groß: Mehr als 1,5 Millionen Menschen sterben pro Jahr allein in der Subsahara-Region Afrikas an den vier häufigsten Erkrankungen Malaria, HIV/AIDS, COVID-19 und Tuberkulose[1]. Gründe dafür sind oftmals eine mangelnde Gesundheitsversorgung und Hygiene, gerade in abgelegenen Gebieten. Gleichzeitig sind die Menschen selbst oft in ihrer Mobilität sehr eingeschränkt. Dadurch sind die Durchführung flächendeckender Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die systematische Datenerfassung zur Bestimmung epidemischer Lagen, die Durchführung und Nachverfolgung von flächendeckenden Impf-, Medikamentierungs- und Aufklärungskampagnen sowie der direkte Kontakt von Patienten zu medizinischem Fachpersonal oft kaum möglich. Die Herausforderung besteht deshalb darin, medizinische Versorgungseinheiten zu entwickeln, die einerseits sehr tief in das Landesinnere eindringen können, d. h. über die entsprechende Geländegängigkeit verfügen, und andererseits in einer großen Stückzahl kostengünstig produziert werden können.

Die Versorgungsplattform

Die von Forschenden der Fraunhofer-Institute für Schicht- und Oberflächentechnik IST sowie für Solare Energiesysteme ISE gemeinsam mit der Stellenbosch Universität im Rahmen des von der Fraunhofer Zukunftsstiftung geförderten PreCare-Vorhabens entwickelte mobile Versorgungsplattform besteht aus einer Kabine, die modulare Versorgungselemente wie eine Wasseraufbereitungsanlage, on-board Desinfektionsmittelproduktion, Kühlschrank und eine Telekommunikationseinheit beinhaltet und zum anderen medizinische Geräte, medizinische Wirkstoffe und Testequipment aufnehmen kann. Ein PV-Generator mit Batterie versorgt die gesamte Einheit dauerhaft autark mit Strom. Ein Laptop mit Sat-Link und Bluetooth-fähige Untersuchungsgeräte wie z. B. Blutdruckmesser oder EKG sollen zukünftig den Patienten vor Ort telemedizinische Konsultationen von medizinischem Fachpersonal ermöglichen und so zu einer besseren gesundheitlichen Aufklärung beitragen.

Neunmonatige Testphase in Zusammenarbeit mit lokaler NGO

Der erste Prototyp der mobilen Versorgungsplattform wurde im März 2023 für eine neunmonatige Testphase an die gemeinnützige Organisation Rhiza Babuyile übergeben, wo sie in der Gemeinde Daantjie (Region Mpumalanga, Südafrika) an verschiedenen Behindertenzentren zum Einsatz kam. Neben der Beobachtung der Vitalzeichen, darunter u. a. Blutdruckmessungen sowie der Untersuchung von Ohren, Nase, Augen und Rachen wurden primär HIV-Tests im Rahmen einer allgemeinen Gesundheitsaufklärung und -beratung durchgeführt.

Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands der betreuten Patienten

Die Auswertung der Behandlungen und Untersuchungen zeigt, dass monatlich ca. 120 Patienten die sogenannten »PreCare«-Dienste in Anspruch genommen haben. Infolgedessen konnten bereits in den ersten acht Monaten des Betriebs der Plattform die gesundheitlichen Bedingungen in den betroffenen Zentren nachweislich verbessert werden: Zum einen nahmen Patienten mit chronischen Erkrankungen die notwendigen Medikamente verlässlicher ein, zum anderen wurden die hygienischen Bedingungen durch den Zugang zu desinfiziertem Wasser der »PreCare«-Plattform deutlich verbessert und so Komplikationen reduziert.  

Ausblick: Seriennahe Erprobung in Namibia geplant

Die Evaluierungsphase der Plattform, die ursprünglich bis Ende 2023 geplant war, wird nach Rücksprache mit allen Beteiligten um weitere sechs Monate bis einschließlich Juni 2024 verlängert, um den Prototypen weiter im Feld zu erproben und die Erkenntnisse daraus in die Entwicklung und das Design eines zweiten mehr seriennahen Prototypen mit einfließen zu lassen. Gleichzeitig konnte mit dem Verein Mudiro e.V. eine weitere NGO für den zukünftigen Probebetrieb einer zweiten Plattform in Namibia gewonnen werden. Diese Plattform wird vollständig in Afrika gefertigt und soll im April 2024 im Rahmen eines einjährigen Programms zur Früherkennung und Vorsorge von Gebärmutterhalskrebs in Betrieb genommen werden.

Das Projekt

Dieses Projekt wurde durch die Fraunhofer-Zukunftsstiftung gefördert.

Die PreCare-Plattform im Feldtest: Mit der mobilen Versorgungseinheit können auch ländliche Gebiete erreicht werden, um Gesundheitsdienste vor Ort anzubieten.
© Fraunhofer ISE, Ricarda Sack
Die PreCare-Plattform im Feldtest: Mit der mobilen Versorgungseinheit können auch ländliche Gebiete erreicht werden, um Gesundheitsdienste vor Ort anzubieten.

[1]

Bell, David, Hansen, Kristan Schultz, 2021, “Relative burdens of the COVID-19, malaria, tuberculosis, and HIV/AIDS epidemics in sub-Saharan Africa” American Journal of Tropical Medicine and Hygiene, Vol. 105, No. 6, pp. 1510-1515, 0002-9637, doi10.4269/ajtmh.21-0899.

Weiterführende Informationen

 

Referenzprojekt

PreCare - Health Care for Everyone and Everywhere