Der Lösungsansatz
Der Beschichtungsprozess wurde auf der EOSS®-Sputteranlage am Fraunhofer IST realisiert. Diese Anlage besteht aus zwei Sputter-Kompartments mit zylindrischen Doppelrohr-Kathoden, die in Argon gesputtert werden. Die Substrate sind an einem darüber angebrachten, schnell rotierenden Drehteller befestigt. In einer zusätzlichen RF-Plasmaquelle erfolgt die vollständige Oxidation der Teilschichten in einem Sauerstoffplasma. Für rotationssymmetrische 3D-Substrate kommt ein spezieller Probenhalter mit eingebauter Sub-Rotation zum Einsatz, wobei das Schichtdickenprofil durch spezielle Blenden an den Kompartmenträndern eingestellt wird.
Bei der Spezifizierung der Blendenform kommt das Multiskalen-Simulationsmodell ins Spiel. Das Plasma sowie der Gasfluss und Transport der gesputterten Teilchen können mit einer am Fraunhofer IST entwickelten kinetischen Software simuliert werden, in der die »Direct Simulation Monte-Carlo« (DSMC)- und »Particle-in-Cell Monte-Carlo« (PIC-MC) -Methoden kombiniert werden. Zwei praktische Probleme dabei sind der Rechenaufwand – ca. ein Tag für DSMC bzw. mehrere Tage für PIC-MC – sowie die Tatsache, dass sich das Schichtdickenprofil auf bewegten Substraten aus der Addition vieler Teilprofile aus unterschiedlichen Positionen ergibt. Mit den bisherigen Methoden ist dieses Verfahren daher viel zu zeitaufwändig.
Mit einem Multiskalen-Ansatz werden diese Probleme wie folgt gelöst: Zunächst werden mit dem PIC-MC-Verfahren das Plasma sowie das Sputtererosions-Profil am Target bestimmt (vgl. Abb. 1, 2). Anschließend erfolgt mithilfe dieser Information die Simulation des Transports und der Streuung gesputterter Teilchen (vgl. Abb. 3). Dabei wird in einer Ebene wenige Millimeter unterhalb der Substrate mit einer Ortsauflösung von 10 x 10 mm2 der winkelaufgelöste Teilchenfluss aufgezeichnet. Mit dieser Ebene als »virtuelle Teilchenquelle« wird anschließend der verbleibende Teilchentransport bis zum Substrat mittels eines einfachen Ray-Tracing-Ansatzes berechnet. Hierbei kann gleichzeitig auch die Blende in parametrisierter Form mitberücksichtigt werden. Dieser Ansatz ist möglich, da die verbleibende Strecke unterhalb der mittleren freien Weglänge liegt und daher die Streuung mit dem Gas vernachlässigt werden kann. Der Ray-Tracing-Algorithmus ermöglicht die Berechnung einer vollständigen Bewegungstrajektorie in wenigen Sekunden auf einer einzelnen CPU und kann somit als »Digitaler Zwilling« für den Beschichtungsprozess auf 3D-Substraten angesehen werden.